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Gothic: Die Kunst zu schaudern

Gothic: Die Kunst zu schaudern

Dunkle Gassen. Ein verfallener Friedhof. Ein altes Herrenhaus an einer sturmumtosten Küste. All dies Bilder kommen mir in den Kopf, wenn ich an Gothic bzw. Schauerliteratur denke. Durch Geschichten jeglicher Art haben wir verschiedene Vorstellungen, was Gothic genau sein soll. In diesem Beitrag schaue ich mir genauer an, wie Gothic als Genre entstanden ist und was dessen Themenbereiche sind. Der Beitrag entsteht aus meiner kleinen Veröffentlichungsreihe zu meiner Gothicnovelle »Dieser Schrei, der nun deiner ist«.

Als ich die Idee für diesen Text hatte, war mir klar, dass ich schwer einen Anfang finden werde. Ich habe mich einfach zu viel damit beschäftigt und möchte euch entweder ganz viele Buchtipps geben oder einfach meine liebsten Caspar David Friedrich Gemälde zeigen (und ich werde viele einwerfen). Deshalb versuche ich mich zu zügeln.

Gleich zu Beginn will ich aber klarstellen: Gothic ist mehr. Mehr als ästhetisches Gefühl, denn wir haben es meiner Meinung nach mit Themen zu tun, die zeitlos sind. Der Grusel und der Wunsch nach Schauer liegen in der menschlichen Natur. Deshalb tasten wir uns langsam an Schauerliteratur und Gothic heran und versuchen ein gesamtes Bild mit hohen Spitzbögen, Friedhöfen, alten Schlössern und dunklen Kulten zusammenzustellen. Lasst uns schauen, ob uns das am Ende gelingt.

Von Gotik zu Gothic

Um zu sagen, was Gothic als Literaturgenre ist, müssen wir erstmal einen Schritt zurücktreten und kurz feststellen, woher der Begriff »Gothic« bzw. »Gotik« kommt. Das Wort an sich kommt aus dem Italienischen (»gotico«) und bedeutet »fremdartig« oder »barbarisch« und wurde ursprünglich als Schimpfwort für die Baukunst des Mittelalters verwendet, da sich die Architekt*innen der Renaissance als fortschrittlicher wahrnahmen. Natürlich lässt sich Gotik auch von dem Germanenstamm – die Goten – ableiten, aber mit der ersten möglichen Wortherkunft wird schon dargestellt, um was es sich bei der Gotik handelt: einen Kunst- und Architekturstil. Dieser entwickelte sich aus der Romanik. Die ersten Anfänge des Baustils wurden im 12. Jahrhundert gelegt.

Wenn wir heute an Gotik denken, dann sehen wir Kirchen mit Rippengewölbe und hohen Spitzbögen vor uns. Weiter sehen wir geschmückte Fenster mit Rossentenmustern, wie beim Notre-Dame im Paris, oder Verzierungen, die an Eichenblätter erinnern. Auf mich wirken diese Kirchen oft schwer, erhaben und unheimlich. Aber ich kann mir vorstellen, dass für die Menschen im Mittelalter, die Wirkung – neben der Erhabenheit – eine andere war, denn gotische Kirchen führten auch große Fenster ein, die mehr Licht in das Gebäude ließen als es noch in romanischen Kirchen der Fall war.

Der gotische Baustil fand übrigens in Frankreich – und nicht in England oder Deutschland, wie oft gedacht – seinen Anfang und breitete sich dann in Mittel- und Osteuropa aus. In Deutschland war die erste gotische Kirche der Magdeburger Dom. Der Kunststil hat auch meistens mit kirchlichen Gegenständen zu tun.

Vom deutschen Begriff der Gotik ist es nur ein Katzensprung zum englischen Wort Gothic, welches auch den Baustil bezeichnet – aber nicht nur. Heute bezeichnet Gothic auch eine Subkultur, ein Genre und ein Computerspiel. Ich will gar nicht so viel zu den anderen Bereichen von Gothic schreiben, aber ich glaube, wir alle haben ein Bild im Kopf, wenn wir uns einen Goth vorstellen. Ich sage nur: es gibt viel schwarz und auch die Ästhetik des gotischen Baustil und deren Wirkung auf heutige Betrachtende, wie auch die Gothic Novels als Literatur werden in der Subkultur aufgegriffen.

Und damit sind wir endlich bei Gothic bzw. Schauerliteratur als Genre!

Was ist also Gothic?

Gothic und damit immer stellvertretend auch die deutsche Bezeichnung Schauerliteratur bzw. Schauerroman bezeichnen ein literarisches Genre, was der Fantastik zu zuordnen ist. Es gehört in den Bereich der Fantastik, in welchem auch Horror eingeordnet werden würde. Entstanden ist das Genre in der Mitte des 18. Jahrhunderts und hatte seine Blütezeit Anfang des 19. Jahrhunderts. Ich werde euch in diesem Text vor allem von englischen und deutschen Schauerroman berichten, weil das für meinen Text am prägendsten ist.

Geschrieben hat Horace Walpole mit »Das Schloss von Otranto« den ersten Gothicroman im Jahr 1764 und gleichzeitig schuf er damit auch das Genre, denn der Untertitel des Buches war »A Gothic Story« und das »Gothic« wurde weiter beibehalten. Dieser erste Roman wirkt in seiner Konstruktion und in seinem Gruselelementen noch ein bisschen unbeholfen, aber schon 30 Jahre später entstanden mit Ann Radcliffes »Udolphos Geheimnisse« und Matthews Gregory Lewis »Der Mönch« zwei Werke, die den Stil weiterer Gothicgeschichten festlegen sollten. Das Buch von Ann Radcliffes kann ich nur empfehlen!

Gothic entwickelte sich in England als dominante Literaturform, die aber immer wieder trivialisiert wurde – von Kritiker*innen oder Autor*innen gleichermaßen. Den Schlusspunkt des englischen Gothicromans im engeren Sinne bildet »Melmoth der Wanderer« von Charles Robert Maturin 1820. Das ist für die Zeit ein ziemlich dickes 600-Seiten schweres Buch.

Ein kurzer Blick nach Deutschland

Die Entwicklung von Gothic bzw. Schauerliteratur in Deutschland fällt mit einer anderen literarischen Strömung zusammen, die für mich eine Einheit bilden: Die schwarze Romantik. Die schwarze Romantik ist dabei von der englischen Gothicliteratur beeinflusst und nun seht ihr, warum beides für mich zusammengehört, denn auch die verarbeiteten Themen ähneln sich.

Warum das ganze schwarze Romantik heißt, lässt sich leicht erklären: Die schwarze Romantik zeigt die Schattenseiten der Romantik. Romantik an sich hat dabei übrigens nicht mit Romance oder Liebesliteratur zu tun, wie ihr wahrscheinlich wisst. Stattdessen bezieht sich der Begriff auf die romanischen Sprachen (also beispielsweise italienisch, französisch oder spanisch) und bildet den Gegensatz zum früher gebräuchlichen Latein. Der Name Roman hat dabei auch dieselbe Wortherkunft. Romantik als Genre wendet sich von den antiken Vorbildern ab und den Sagen und Mythenwelt des Mittelalters und der Mystik der Barocks zu. Motive sind dabei unter anderem die Sehnsucht – denken wir an Caspar David Friedrichs »Der Wanderer über dem Nebelmeer« (eines meiner Lieblingsgemälde – die Psyche und eben das Unheimliche. Hier sind wir wieder bei der schwarzen Romantik, die sowohl die Einflüsse der Romantik, wie auch der Gothicliteratur hat und sich gerade von der Romantik als Hauptströmung nicht immer abgrenzen lässt. Die Grenzen verschwimmen hier also – sehr passend für das Genre, wenn ihr mich fragt.

Gemälde Wanderer über dem Nebelmeer von Casper David Friedrich
„Wanderer über dem Nebelmeer“ von Casper David Friedrich

Das erste Buch was zur schwarzen Romantik und damit auch zur deutschsprachigen Schauerliteratur gezählt werden kann ist »Nachtwachen« von Ernst August Friedrich Klingemann. Wenn ihr nach schwarzer Romantik oder Schauerliteratur sucht, dann findet ihr auch ganz viele historische Werke, die ihr lesen könnt. Ich kann übrigens die Werke von E. T. A. Hoffmann empfehlen: »Der Sandmann«, seine »Nachtstücke« und »Die Elixiere des Teufels«.

In der Wende zum 20. Jahrhundert bekam das Gerne nochmal einen Aufschwung mit dem Buch »Die weißen Rosen von Ravensberg« von Eufemia von Adlers-Ballenstrem. Hat aber nun literaturwissenschaftlich erstmal sein Ende gefunden.

Und was ist mit Gothic heute?

Nun ziehe ich hier schon mal mein geschichtliches Fazit, bevor wir uns die Themen der Gothicliteratur ansehen: Geschichtlich mögen Literaturwissenschaftler*innen eine Schlussstrich unter den Schauerroman gezogen haben, aber für mich lebt er in seiner Ästhetik und der Erzählweise noch weiter. Die Themen sind universell und können in unsere heutige Zeit versetzt werden und ich habe bisher schon einige gute Gothicgeschichten gelesen.

Demnach stirbt für mich das Genre nicht aus, sondern lebt weiter und entwickelt sich mit seiner Zeit und seine Autor*innen. Mehr marginalisierte Stimmen beginnen ihren Gothic zu erzählen und ich glaube, dass genau hier das Potential liegt.

Aber was ist nun das Potential und um was geht es bei Gothic überhaupt? Lasst und also zum nächsten Punkt springen:

Was Gothic gruselig macht

Generell lässt sich feststellen, dass Gothic gegen die Rationalität der Aufklärung steht. Statt beispielsweise Bildungsromane, in welchen die Entwicklung von Figuren beschrieben wird, die sich mehr Wissen aneignet und zu Erkenntnissen kommen, die den Menschen fundamental betreffen, steht in der Gothic das Übernatürliche und Unkonventionelle im Vordergrund. Der Schrecken wird zu etwas ästhetischen.

Diese Idee wird der Architektur enthoben, denn wie die gotische Architektur sich nicht an antike Bauregeln hält, so tut dies die Literatur auch nicht. Es ist ein Abwende von den antiken Idealen – hier sehen wir wieder die Ähnlichkeit mit der schwarzen Romantik. Der Aufstieg der Gothicliteratur hängt damit zusammen, dass der Ästhetik Begriff, wie er in der Philosophie verwendet wird, erweitert wurde. Das Düstere und Unheimliche kann nun auch ästhetisch sein und in diesem liegt etwas Erhabenes drin, wie es auch bei der Betrachtung von gotischen Bauten der Fall ist. Im zeitlichen Kontext kann Gothic auch als Gegenbewegung zur Entzauberung der Welt durch die Wissenschaft gesehen werden.

Thematisch bedient das Genre verschiedene Themen und ich möchte ein paar davon streifen. Beginnen wir mit dem Offensichtlichen:

Spuk und Unheimliches: Gothic als Geschichte, aber auch Bilder der schwarzen Romantik, bedienen das Dunkle und Gruselige. Geister treten auf oder auch Übernatürliche Phänomene, die den Lesenden Angst machen. Deshalb spielen die Geschichten auch oft in alten Schlössern, Klöstern, Kellergewölben, Ruinen, Spukhäusern, Friedhöfe… na, ihr könnt es euch vorstellen. Die Faszination an diesem Themen lässt sich damit bewerten, dass das Dunkle nun positiv dargestellt wird und die Lesenden und Schreibenden direkt danach suchen. Emotionen, die durch die Rationalität verdrängt wurden, sollten so nachempfunden werden – und ehrlich: Wir Menschen gruseln uns doch gerne, oder?

Ein weiteres Motiv ist Leid, Tod und Verfall: Auch hier sind wieder beim Unheimlichen. So finden wir den Verfall von Gebäuden und in der Natur (schaut euch mal Gemälde von Caspar David Friedrich an). Aber auch die Beschreibung von Leid und Gewalt spielen eine große Rolle, denn teilweise wird der Schrecken von Kriegen verarbeitet. Hier wäre wieder mein Bildbeispiel der Bilderzyklus »Pinturas Negras« von Franscisco de Goya, der verschiede Motive der schwarzen Romantik/Gothic verarbeitet.

Bild der Hexensabbat von Goya
(El Gran Cabrón/Aquelarre), „Der Hexensabbat“ (Der große Ziegenbock) von Franscisco de Goya

Vom Verfall springen wir zu einem anderen verwandten Thema: der dunklen Seite der menschlichen Psyche. Dieses Thema hängt eng mit dem Vernunftsbegriff der Aufklärung zusammen und zeichnet eine Gegenseite zu einem eher optimistischen Menschenbild. Es geht oftmals um Phänomene, wie Träume, Vorahnungen, Telepathie und ähnliches. Hier vermischen sich die Anfänge der Psychologie der Wissenschaft mit mystischen Auffassungen, denn auch Magnetismus oder Hypnose werden verarbeitet. Natürlich spielen auch Wahnsinn und ähnliche Erscheinungen eine Rolle. Das scheinbar Böse im Menschen wird faszinierend.

Damit zusammenhängend spielt auch das Doppelgänger-Motiv eine große Rolle. Es geht darum, was passiert, wenn der Mensch eine unbekannte Seite an sich hat. Sein Unterbewusstes oder Es, wenn bei Sigmund Freud sind, den ich dringend rate kritisch zu betrachten. Der Mensch muss sich mit seinem Doppelgänger auseinandersetzen und damit mit seinem Unterbewussten. Oft wird der Doppelgänger dann mit der eigentlichen Person verwechselt. Ja, und auch hier finde ich wieder ein passendes Caspar David Friedrich Bild: »Zwei Männer bei Mondaufgang am Meer«.

Bild "Zwei Männer in der Betrachtung des Mondes" von Casper David Friedrich
„Zwei Männer in Betrachtung des Mondes“ von Caspar David Friedrich

Nun noch zu einem offensichtlichen Punkt: Das Fantastische und Okkulte Aus der Auseinandersetzung mit dem Schaurigen entstand eine Faszination am Okkulten und dem Aberglauben, der der Wissenschaft gegenübersteht. Parawissenschaften, Alchemie, Magie und ähnliches wird für die Schreibenden interessant und sie verarbeiten es in ihren Texten. Die Romantik holt den Aberglauben, der mit der Aufklärung eigentlich weggesperrt wurde, wieder in die Mitte der Bevölkerung. Aus diesen Ansätzen entstanden übrigens später die ersten Pulpmagazine, aber das ist eine andere Geschichte…

Nun zum letzten Thema: Erotik und der Schauer daran. Erotik und der Schauer daran. Die Gothicliteratur findet im morbiden und hässlichen eine Anziehungskraft und verklärt dies mystisch. Damit rücken auch weitere andere dunkle Seiten des Menschlichen zusammen mit seiner Psyche in den Vordergrund. Bisher tabuisierte Themen im Bereich Sex kommen auf. Es werden zum Beispiel Sadomasochismus, aber auch Figuren der Femme fatale (immer im Kontrast zu der Unschuld) beschrieben.

Vielleicht wird an diesem letzten Punkt deutlich, was allein Themenbereiche von Gothic gemein ist: Sie beschäftigen sich mit dem Dunklen – also mit dem, über was Menschen tagsüber nicht reden wollen, was sie aber gleichzeitig anzieht. Themenbereiche, die uns auf verschiedene Arten einen Schauer den Rücken herunterjagen werden aufgegriffen. Der Grusel kann auf verschiedenen Ebenen entstehen:

Aus der Einsicht, dass wir Menschen nicht immer rational handeln.

Übernatürlichen Ereignissen.

Der Entdeckung der eigenen sexuellen Präferenzen, die zu bestimmten Zeiten verboten waren.

Der Erkenntnis, dass es überall Verfall gibt und auch unser Leben endlich ist.

Die Möglichkeiten sind unendlich, wie auch die Themen, denn auch noch heute gibt es Dinge, die uns erschaudern lassen. Sie mögen vielleicht ein bisschen anders sein als vor 200 Jahren, aber so entwickelt sich das Genre weiter. Demnach verbindet Gothic das Bedürfnis des Menschen sich zu gruseln mit dem Themen, welche der Gesellschaft gerade Angst einjagen.

Und warum schreibe ich jetzt Gothic?

Warum ich Gothic schreibe, lässt sich leicht beantworten: Ich lese gern Gothic. Generell mag ich Horror, da für mich als marginalisierte Person Horror die Möglichkeit gibt die Ängste und Erfahrungen, die ich durch meine Marginalisierungen erfahre, zu verarbeiten. Gleichzeitig habe ich das Gefühl, dass Horror- und Schauerliteratur auch die Möglichkeit für Genreexperimente bieten. Es lassen sich gut verschiedene Stile, Perspektiven und Sprachmöglichkeiten in die Geschichten einbauen und das fasziniert mich.

Nun aber zum Gothic und weg von meiner generellen Horrorfaszination. Für Gothic bzw. Schauerliteratur habe ich mich entschieden aus zwei Gründen: Das eine war eine pragmatische – ich schreibe zum erstmal eine etwas längere Geschichte im Horrorbereich und hatte mich vorher auf Kurzgeschichten beschränkt. Deshalb war ich mir nicht sicher, ob ich mich an einen handfesten Horrorroman versuche, weil ich das Gefühl habe, dass ich mir das noch nicht zutraue. Deshalb erschien mir eine Gothicgeschichte eine gute Brücke für weitere Geschichten.

Der andere Grund lag im Plot der Geschichte: Ich wollte eine Adaption von »Blaubart« mit ein bisschen »Frankenstein« machen. Wie ich auf diese Kombination gekommen bin – außer, dass »Frankenstein« eines meiner Lieblingsbücher ist – erkläre ich in einem anderen Beitrag. Aber aus dieser Idee ergab sich für mich ein Schauerroman, denn er fühlte sich besser an als ein reiner Horrorroman. Die Kombination von Märchen und Schauerliteratur passt für mich einfach sehr gut zusammen.

Das leitet auch wunderbar über zu unserem aller letzten Punkt für diesen Beitrag.

Schauerliteratur und Märchen – eine gute Kombination?

Diese Frage kann ich ganz klar mit Ja beantworten. Meine persönlichen Präferenzen zu diesem Thema kennt ihr aus dem letzten Absatz, aber jetzt meine eher objektive Meinung, warum Schauer und Märchen zusammenpassen.

Wenn wir uns zum einen anschauen, was die Inhalte von ursprünglichen Märchen sind, dann werden wir ganz schnell feststellen, dass diese Texte wahnsinnig gruselig sind und viele Horrorelemente beinhalten. Ich sage nur: Schaut euch mal die ursprüngliche Version von »Rotkäppchen« an! …. Obwohl es reicht auch unsere heutige Version: Ein Kind und die Großmutter werden von einem Wolf gefressen. Ja klar, sie überleben am Ende und der Wolf wird getötet, aber allein dieser Plot lässt uns doch erschauern, wenn wir es nicht in eine märchenhaft Sprache verpacken.

Märchen haben damit für mich einen Horrorursprung, aber das ist noch nicht alles. Bekannte deutsche Märchensammlungen – und ich meine natürlich die Gebrüder Grimm – entstanden aus dem Geist und in der Zeit der Romantik. Die Märchensammlungen erfüllen romantische Narrative, denn sie greifen die Idee einer nationalen Erzählung auf, was zur Zeit der Romantik wichtig war, und sie besinnen sich auf »nationale« Mythen. Dass das nicht immer stimmt, lassen wir jetzt mal beiseite.

Sowohl der Inhalt wie auch der Ursprung sind bei Märchen also in der Romantik und damit wegen der Trennschärfte auch in der schwarzen Romantik zu verorten. Da liegt es doch nicht weit eine Schauergeschichte daraus zu machen, oder?

Damit war was für mich schnell klar, dass ich mir ein Märchen schnappe und daraus eine Schauergeschichte machen. Ich kann etwas schreiben, was ich selbst gerne in der Kombination lese, und gleichzeitig Elemente verbinden, die für mich zusammengehören. Ob ich in der Geschichte wirklich ein bisschen einen märchenhaften Stil habe, lasse ich die Lesenden entscheiden – mir erschien es beim Überarbeiten so, aber da kann ich mich auch täuschen.

Ich hoffe, dass ihr einen kleinen Einblick in die Schauerliteratur habt und genauso gespannt, wie ich bin, wie sich das Genre entwickelt, denn ich sehe großes Potenzial darin. Gothic ist eben mehr als alte leere Gebäude und Wasserspeier. Es hat Themen, die sich in moderner Form immer wieder finden lassen. Mein Puzzle für Gothic als Genre ist fertig gestellt, aber ihr könnt gerne weitere Teile hinzufügen.

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