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»Dieser Schrei, der nun deiner ist« und die Suche nach den passenden Sagen

»Dieser Schrei, der nun deiner ist« und die Suche nach den passenden Sagen

Lokale Sagen rund um den Ort Plötzkau spielen in der Gothicnovelle »Dieser Schrei, der nun deiner ist« eine große Rolle. Sie dienten nicht nur zur Inspiration, sondern haben auch in die Geschichte ihren Weg gefunden. In diesem Beitrag erzählte euch ein bisschen etwas über die Sagen, die ihr vielleicht finden werdet. Auch dieser Beitrag gehört zu der kleinen Veröffentlichungsreihe zu meiner Gothicnovelle »Dieser Schrei, der nun deiner ist «.

Als Kind habe ich mir die Sagenbücher von meinen Eltern angesehen und fand es immer sehr toll, wenn wir aus einer Urlaubsregion neue Sagenbücher mitgebracht haben. Die manchmal – zumindest für Kinderaugen – düsteren Geschichten haben mich extrem fasziniert und die Faszination hält bis heute. Sagen und (als eher neuere Form) Urban Legends sind ein Guilty Pleasure von mir. Nachdem ich also festgelegt hatte, dass »Dieser Schrei, der nun deiner ist« in Sachsen-Anhalt spielt (die Gründe dafür könnt ihr hier nachlesen), habe ich also begonnen Recherchen zu der Sagenwelt in der Region und vor allem Plötzkau anzustellen.

Über die Märchengrundlage »Blaubart« habe ich euch schon ein bisschen erzählt. Heute will ich noch auf zwei Sagen eingehen, die in »Dieser Schrei, der nun deiner ist« Verwendung gefunden haben. Lehnt euch also zurück und lauscht den Geschichten.

Im Sumpf lauert es

Für die erste Sage, die ich beschreiben will, gehen wir ein bisschen spazieren in Richtung Saale. Dort liegt an einen der Flussarmen die Lösewitzer Laube und es war lange ein Sumpfgebiet. Dieses trägt den sprechenden Namen »Nickertsumpf« und der Sage nach traute sich niemand dort lang zu gehen, denn in diesem Sumpf sollte der Flussgott der Saale – der Nickert – wohnen. Menschen, die dort ertranken oder im Morast versanken wurden, wurden als Opfer des Nickerts gesehen. Damit dieser Flussgott nicht zu viele Menschen tötet, konnte man ihn mit Geschenken friedlich stimmen – aber das klappt nun mal nicht immer. Aus diesen Grund war es sicherer Abstand von dem Sumpfgebiet zu haben.

Wir haben mit dem Nickert eine typische Sage, in welcher erklärt wird, warum so viele Menschen an bestimmten Stellen sterben. Ertrinken oder versinken im Sumpf sind zwar nichts Besonderes, aber ein solches Gebiet bietet die Möglichkeit zu vielen Spekulationen.

Ich fand die Sage so nett, dass ich sie in »Dieser Schrei, der nun deiner ist « eingebaut habe. Bei mir trifft Rosamund, unsere Protagonistin, nicht in der Lösewitzer Laube auf den Nickert, sondern in dem Ort Plötzkau. Am Ende ist es übrigens nicht einmal sicher, ob es wirklich der Nickert war oder Rosamund sich alles eingebildet hat. Gefährlich genug wird es für sie aber trotzdem!

Damit lasst uns zur zweiten Sage springen!

Und Nonnen gibt es auch noch!

Wieder spielt die Sage nicht direkt in Plötzkau. Diesmal sind wir bei Aderstedt – ungefähr. sechs Kilometer von Plötzkau entfernt. Dort gibt es den Auwald und in diesem soll es ein Kloster gegeben haben, von welchen wir aber keine Spuren finden. Das ist schon mysteriös genug, aber es kommt noch dunkler. Zwar finden wir keine Klosterruinen, aber einen Klostergeist: Eine Nonne.

Kommt ein Wandernder nachts in die Nähe des ehemaligen Klosters, soll die Nonne unter Schreien und Kreischen auf den Rücken des Wandernden gesprungen sein und ihn mit einer Peitsche durch die Nacht rennen lassen. Während der Wanderende nun rennt, wird die Nonne auf seinem Rücken immer schwerer bis er sich kaum mehr bewegen kann. Erst mit dem Sonnenaufgang erlöst die Nonne ihr Opfer.

Doch woher kommt so ein Geist? Laut Sage war die Nonne eine Kaufmannstochter, die auf einer Burg in der Gegend in der Gefangenschaft saß. Als die Burg zusammenbrach – hier sind die Quellen ungenau, aber ich nehme an, dass die Burg erobert wurde – wollte der Graf von Plötzkau die Kaufmannstochter gesund pflegen. Das klingt erstmal nett, doch dieser Graf ließ die Kaufmannstochter nicht frei, weil er sich in sie verliebt hatte (sich sage nur toxische Beziehung). Als die Arme nun so krank war, dass der Graf nichts mehr mit ihr anfangen konnte, machte der Graf das, was viele cis Männer machen, die sich Frauen entledigen wollen: Er gab sie ins Kloster. Dort starb die Kaufmannstochter jedoch bald, fand aber nach dem Tod keine Ruhe und spukt deshalb in der Gegend.

Hier haben wir eine typische Geschichte eines Rachegeistes, wie ich sie beispielsweise aus Japan gut kenne. Diese Geschichten faszinieren mich immer, weil für mich der Geist an sich nicht böse oder schlecht ist, sondern die Menschen, die dafür gesorgt haben, dass der Geist keine Ruhe findet. (Kleiner Spoiler am Rande: Im Silkpunk wird es noch ein paar Rachegeister geben!)

Ich wollte die Nonne einbringen, weil »Dieser Schrei, der nun deiner ist « für mich eine Geschichte von weiblicher Unterdrückung und Emanzipation ist. Da passte diese Sage sehr gut rein. Vielleicht findet die Nonne an sich nicht ihre Ruhe in der Novelle, aber sie stößt das Handeln von Rosamund an und ich glaube, dass das eine sehr wichtige Rolle für sie ist. Außerdem kennt ihr jetzt die Sage und seht die Einordnung dazu. Wenn ihr die Geschichte lest, dann werdet ihr auch schnell merken, wo ihr die Nonne in meiner Geschichte findet, auch wenn ich ihr noch ein bisschen mehr Drama verliehen habe – wie ich finde.

Damit haben wir die zwei kleinen Sagen, die sehr typisch für diese Art von Erzählung sind, uns genug angeschaut und wir können uns der letzten Frage für diesen Beitrag widmen:

Was bleibt?

Wie schon angekündigt, waren das jetzt nur zwei Sagen, die ihren Weg in die Novelle gefunden haben. Wenn ihr Lust auf mehr habt, dann lest die Geschichte und schaut, was es noch zu entdecken gibt. Von einem Goldschatz, Zwergen oder meinen Frankensteinanlehnungen sollte noch ein bisschen was dabei sein!

Ich hatte auf jeden Fall Spaß mit meinem Aufgreifen von Sagen und bin schon am Überlegen, wie ich weitere von ihnen in andere Texte ein baue. Im Moment schwebt mir eine Art »John Sinclair«-Reihe in Deutschland vor. Aber das ist noch ferne Zukunft. Jetzt lasst uns erstmal an den Sagen in »Dieser Schrei, der nun deiner ist « erfreuen!

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